Last updated on Februar 9, 2020
Dieser Blogpost erschien ursprünglich am 04.01.2017 auf nooborn.wordpress.com.
Da ich den alten Blog stillgelegt habe, findet sich der Text nun hier.
In § 1631 (2) BGB steht „Kinder haben ein Recht auf gewaltfreie Erziehung. Körperliche Bestrafungen, seelische Verletzungen und andere entwürdigende Maßnahmen sind unzulässig.“.
Was also tun, wenn die kleinen Tyrannen mal wieder versuchen uns Eltern zu drangsalieren, ihren Dickkopf durchzusetzen und sich weigern vernünftige, logisch denkende und empathisch handelnde Wesen zu sein?
Verständnishinweis: Der folgende Beitrag ist mit reichlich Ironie versehen.
Nein, meine Suppe ess ich nicht! – So bringst du dein Kind dazu Gemüse zu lieben
Wenn Kleinkinder nicht essen wollen hilft nur eines: lasst sie in Ruhe.
Essen ist vielleicht gerade nicht wichtig. Kein (gesundes) Kind verhungert am gedeckten Tisch. Auch nicht wenn ausschließlich Spinat, Broccoli und Grünkohl darauf zu finden sind. Wer Renz-Polsters Buch „Kinder verstehen. Born to be wild: Wie die Evolution unsere Kinder prägt.“ gelesen hat, der kann sich viele kleinkindliche Ernährungsgewohnheiten besser erklären und das Ganze gelassener sehen. Zucker und Fett sind halt geile Energielieferanten und es fällt selbst Erwachsenen oft schwer bei der Wahl Pizza vs. Salat zum Salat zu greifen. Geschmack wird, so Renz-Polster, vorwiegend über Angebot bestimmt. Das erklärt vermutlich warum unser Schnurpsel Oliven, Feta, eingelegte Knoblauchzehen und ähnliches mag. Leider erklärt es nicht, warum ich den gemeinsam gebackenen Kuchen dauernd allein essen muss. Immerhin mag es inzwischen Schokolade.
Wenn ihr wollt, dass eure Kinder sich gesund ernähren, lasst sie in Ruhe gesunde Ernährung kennen lernen. Seid Vorbilder und schränkt das Angebot in einer Art und Weise ein, die ihr gut vertretbar findet. Wer sich abends heimlich und mit schlechtem Gewissen zwei Schokoriegel und ne Tüte Chips reinzieht, die*r wird vermutlich mit dem Essen selbst Probleme haben die sie*r angehen sollte.
Ernährt euch einfach selbst so, wie ihr wollt, dass euer Kind sich ernährt. Dann habt ihr nämlich auch nichts im Haus, womit die Kinder sich „fälschlicherweise“ den Bauch vollstopfen. Wollt ihr nicht? Dann ist die Ernährung die ihr für’s Kind vorseht vielleicht einfach scheiße.
Klingt alles easy, ist es aber nicht. Ich bin selbst vom Typ Schoko-Frust-Fresserin und das kriegt das Kind auch mit. Ich arbeite dran. Also an mir.
MEINS! – Die perfekte Strafe wenn das Kind nicht teilen will
Wenn ein Gastkind zu Besuch ist, dann höre ich mein egozentrisches Kind vor allem eins sagen: „MEIN! MEIN! MEIN!!!“. Das geht von „Meina Puppe!“ über „Meina Buch!“ bis hin zu „Meina Papa!“ wenn der Sartograph mal das Gastkind auf den Arm nimmt. Selbstverständlich gehe ich dann dazwischen und sage „Du teilst jetzt gefälligst, du Rotzgöre!“. Nicht.
Mein Kind weiß nämlich erst seit kurzem, dass gewisse Dinge ihm gehören. Es lernt Possessivpronomina und was sie in unserer Sprache und Gesellschaft bedeuten, wie geil ist das denn bitte?
J. (des Gastkindes Elter) ist diesbezüglich ein Mensch mit einem so langen Geduldsfaden wie ich ihn mir manchmal wünsche. J. kann wunderbar herausfinden ob die Kinder gerade nur festhalten wollen, dass etwas ihnen gehört und es dann teilen können oder ob etwas gerade unbedingt und zwingend bei ihnen bleiben muss. So mit ruhigem, zugewandten Reden auf Augenhöhe und so.
Ich bin da eher vom Typ: „Ist dir das gerade sehr wichtig?“ Schnurpsel sagt dann in der Regel „Ja“ oder „Nein“ weil Schnurpsel mich inzwischen halt auch schon 2,5 Jahre kennt und weiß wie ich das meine. Wenn ja, dann erkläre ich dem Gastkind warum es Sache x gerade nicht haben kann. Wenn Nein mache ich Vorschläge zum gemeinsamen oder alternativen Spiel damit. Und nein, das Gastkind reagiert nicht mit „Oh, ich sehe, dass das Schnurpsel gerade ein großes Bedürfnis danach hat, allein mit seiner Puppe zu spielen und lasse es dabei in Ruhe!“, sondern meist eher mit Ärger darüber, dass sie das Objekt der Begierde gerade nicht bekommt. Das ist ja auch völlig legitim und verständlich. Es ist ein Gefühl, das wir akzeptieren und mit dem klar zu kommen wir dem Gastkind zu helfen versuchen.
Ich teile auch nicht alles und erst recht nicht ohne erfolgreiche Kommunikation im Vorfeld. Ich sage dem Schnurpsel zum Beispiel: „Nein, das ist mein Essen, ich will nicht, dass du das nimmst ohne zu fragen.“, denn es stört mich wenn jemand sich Sachen von meinem Teller nimmt ohne zu fragen.
Ich nehme aber das erwünschte (teilende) Verhalten vom Schnurpselchen wahr und kommentiere das. Zum Beispiel: „Oh, du fütterst das Gastkind mit deinen Rosinen. Das finde ich nett, es scheint zu schmecken.“
Und dann gibt es noch die pädagogisch wertlosen Momente meinerseits, in denen ich das Objekt der Begierde mit den Worten „Jetzt ist es erstmal meins“ einkassiere und zur Seite packe, was zwei schreiende Kleinkinder zurücklässt, aber verhindert das mein Geduldsfaden reißt.
Wuääääh!!! – Wutanfälle mit Auszeiten richtig eindämmen
Mensch kann es den kleinen Blagen ja bekanntermaßen nie recht machen und wenn nicht rechtzeitig durch effektive Strafen gegengesteuert wird kommt es oft zu Wut- und Trotzanfällen. Ich könnte euch jetzt einfach auf den Blog von Danielle & Snowqueen verweisen, aber ich schreibe euch gerne auch, wie wir das handhaben.
Schnurpsel schreit. Laut, anhaltend und nervenabtötend. Denn: ich war nicht kacken. Ja, sowas kann schon mal einen Wutanfall bei einem Kleinkind auslösen. Und dass ich sage „Ja, aber mein Schnurpselchen, ich muss gerade nicht kacken.“ bringt genau gar nichts.
Was also tun? Auszeiten helfen dem Kind sich seiner völligen Unlogik und totalen Überreaktion bewusst zu werden.
Schnurpselchen hatte nämlich ein Bild im Kopf und das Bild besagte: mein Elter geht jetzt kacken. Danach drückt das Schnurpsel gern auf die Klospülung und macht den Deckel der Toilette zu. Stattdessen bin ich aber einfach nur ins Bad gegangen um mir die Hände zu waschen. Wie langweilig! Was für eine Enttäuschung!
Für das Kind ist das so wie für mich, wenn ich nach guten Artikeln über richtiges Strafen suche und statt dessen schon wieder bei bindungsorientiertem Gesülze lande, das von mir erwartet, Kinder als vollwertige Menschen zu betrachten, statt als die kleinen von Grund auf bösartigen Menschenrohlinge die sie sind.
Am besten stellt mensch also einen Stuhl in eine stille Ecke, zerrt das Kind (sanft, siehe §1631 (2) BGB) darauf und zwingt es dort zu bleiben bis es sich beruhigt hat. Natürlich ohne Gewalt, meist helfen Drohungen wie „Sonst werf ich dein gesamtes Spielzeug in den Müll“ oder auch der allseits beliebte Klassiker „Ich werde sonst ganz ganz wütend!“. Da lässt man es dann bis es sagt: „Liebstes Elter ich habe eingesehen wie unsinnig mein Verhalten war. Es tut mir sehr leid und ich werde dir nun einen Tee kochen um dich ein bisschen zu entspannen.“
Wenn das nicht funktioniert hilft bei uns auch: sich neben das Kind setzen. Abwarten bis es wieder aufnahmefähig ist. Darüber reden („Das hat dich aber richtig wütend gemacht!“ oder „Woah bist du so sauer wie der stinkesaure Braunbär?“ [Kinderbuchempfehlung]). In den Arm nehmen. Trösten. Denn das Kind war sauer, wütend, traurig, enttäuscht, verunsichert,… und das sind alles heftige Emotionen die auszuhalten und durchzustehen und in Worte zu übersetzen gelernt sein wollen.
Und jetzt alle mal die Hand hoch, die bei großer Wut, großer Enttäuschung und großer Traurigkeit sich nicht ruhig in eine Ecke setzen, eine rationale Analyse des Gefühls durchführen und dieses dann zu einer logischen Auflösung bringen können.
Habt ihr es auch so satt, dauernd mäkligen, egozentrischen Tyrannenkindern zu begegnen? Dann erzählt doch mal wie ihr eure Kinder am liebsten bestraft.